Prognose der EU-Kommission :
Die Konjunktur im Euroraum schleppt sich dahin

Von Werner Mussler, Brüssel
Lesezeit: 3 Min.
Europa-Fahnen in Brüssel wehen vor Gebäuden der Europäischen Union.
Die EU-Kommission senkt ihre Schätzung für das Wirtschaftswachstum im laufenden Jahr und ist auch für die Folgejahre wenig optimistisch. Gleichzeitig rücken die Staatdefizite der Euro-Mitglieder in den Blick.

Die Aussichten für die Konjunktur in den Euro-Staaten bleiben auch nach Ansicht der EU-Kommission für dieses und die nächsten beiden Jahre mau. Die Brüsseler Behörde erwartet für das laufende Jahr noch ein reales Wirtschaftswachstum im Euroraum in Höhe von 0,6 Prozent und senkt damit ihre Prognose vom Juli um 0,2 Prozentpunkte. Die Wirtschaft in allen 27 EU-Staaten wird demnach ebenfalls um 0,6 Prozent wachsen.

Für die Jahre 2024 und 2025 erwartet die Kommission für den Euroraum ein Wachstum um 1,2 sowie um 1,6 Prozent. Die deutsche Wirtschaft schrumpft demnach in diesem Jahr um 0,3 Prozent. Diese Zahlen entsprechen weitgehend den jüngsten Prognosen etwa des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland sowie der führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute.

Nicht nur Deutschland schrumpft

Anders als in früheren Kommissionsprognosen ist Deutschland längst nicht mehr der einzige Mitgliedstaat, für den die Kommission mit einem Minus rechnet. Schrumpfen werden laut Prognose auch Estland, und zwar um minus 2,6 Prozent, in Irland beträgt der Rückgang demnach 0,9 Prozent, in Luxemburg 0,6 Prozent, in Österreich 0,5 Prozent, in Litauen 0,4 Prozent und in Lettland 0,2 Prozent.

Am stärksten wachsen demnach die südlichen Mitgliedstaaten Malta mit einem Plus in Höhe von 4 Prozent, in Kroatien beträgt der Zuwachs dagegen 2,6 Prozent, in Griechenland und Spanien jeweils 2,4 Prozent, und in Portugal sowie Zypern jeweils 2,2 Prozent.

Besondere Aufmerksamkeit erhalten in diesem Jahr die Prognosen für die nationalen Budgets. Der Grund ist, dass die in diesem Jahr noch ausgesetzten Regeln des EU-Stabilitätspakts theoretisch im kommenden Jahr wieder in Kraft träten. Das gilt jedenfalls, falls die geplante Reform der Budgetregeln noch nicht bis zum Jahresende beschlossen ist, was als sicher gelten darf.

Die Kommission müsste deshalb gegen eine Reihe von Mitgliedstaaten wieder Defizitverfahren eröffnen, weil ihr Staatsdefizit über dem Maastrichter Referenzwert von 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) läge. Die EU-Behörde will in der nächsten Woche die im Oktober in Brüssel eingereichten Budgetpläne der Staaten bewerten.

Nach der Prognose liegen acht Eurostaaten im kommenden Jahr über 3 Prozent, nämlich Belgien, Spanien, Frankreich, Italien, Lettland, Malta, Slowenien und die Slowakei. Nur für einen einzigen Fall (Slowenien im Jahr 2025) erwartet die Kommission unter der Annahme einer unveränderten Politik, dass sich diese ungünstigen Zahlen in den Folgejahren zum Guten verändern. Vielmehr lägen laut Prognose sogar neun Länder über der Marke von 3 Prozent des BIP.

Zwölf Euro-Staaten mit hohen Schuldenquoten

Die Schuldenquote wird laut Prognose in zwölf Eurostaaten – unter ihnen auch immer noch Deutschland – in diesem Jahr und in den Folgejahren über dem Maastrichter Grenzwert von 60 Prozent des BIP liegen. An der Spitze liegt dabei weiter Griechenland mit einer Schuldenquote von rund 160 Prozent in diesem Jahr, das seine Schulden aber allmählich abbaut und im Jahr 2025 etwa 148 Prozent erreichen soll. In Italien wird die Schuldenquote auf rund 140 Prozent stagnieren. Es folgen die bekannten Hochschuldenländer Frankreich, Spanien, Belgien und Portugal mit Schuldenständen zwischen 109 und 103 Prozent in diesem Jahr, wobei vor allem Portugal seinen Schuldenstand deutlich gesenkt hat, während speziell in Frankreich keine Verbesserung zu erwarten ist, auch nicht in den Jahren bis 2025.

Die Inflationsentwicklung schätzt die Kommission ähnlich ein wie andere Institutionen. Nach der Prognose sinkt die Preissteigerungsrate von 5,6 Prozent in diesem Jahr auf 3,2 Prozent im Jahr 2024. Auch ein Jahr darauf werde sie mit 2,2 Prozent aber über dem Referenzwert der Europäischen Zentralbank von 2 Prozent verharren. Die in diesem Jahr noch beträchtlichen Inflationsunterschiede von Eurostaat zu Eurostaat werden bis in 2 Jahren aber weitgehend verschwunden sein.