Größter Fall Deutschlands von illegalem Welpenhandel vor Gericht 

Tierschutzstiftung fordert harte Strafen und endlich Gesetze  

27.4.2022

Hamburg/Hagen, 27. April 2022 – Diesen Freitag, den 29. April 2022 um 10 Uhr findet vor dem Landgericht Hagen der nächste Verhandlungstag des bisher größten aufgedeckten Falls illegalen Welpenhandels statt: der sogenannte Kreuztal-Fall, bei dem es um organisierte Bandenkriminalität geht. VIER PFOTEN war bei der Razzia im Jahr 2016 in Kreuztal dabei, bei der über hundert Hunde beschlagnahmt wurden. Die globale Stiftung für Tierschutz fordert das Gericht mit einer Aktion vor Ort dazu auf, angemessene Strafen für die Welpenhändler:innen zu verhängen. Der Appell an die Bundesregierung lautet, das kriminelle Geschäft durch wirksame Gesetze endlich zu stoppen.

Ursprünglich hatte der Prozess bereits am 08. April 2022 vor dem Landgericht Hagen begonnen. Da zwei der insgesamt sieben Angeklagten nicht erschienen waren, soll es erst an diesem Freitag zur Verlesung der Anklageschriften kommen. Der Fall einer Mittäterin wurde bereits einzeln verhandelt: Gabriele B. wurde zu einer Geldstrafe von 1.300 Euro verurteilt – aus Sicht der Tierschutzorganisation ein geradezu unfassbar lasches Urteil. Außerdem stellt die Loslösung des Falls nach Ansicht von VIER PFOTEN ein Problem dar, weil die im Kreuztal-Fall offenbar vorliegende Bandenkriminalität dadurch im weiteren Verlauf der Verhandlung unter Umständen nicht ins Gewicht fallen kann. Im Fall der bereits verhandelten Gabriele B. wurden im Gericht außerdem weder Zeug:innen noch die damals ermittelnden Beamt:innen angehört. 

Um zu verhindern, dass der größte aufgedeckte Fall illegalen Welpenhandels in Deutschland zu einer Bagatelle degradiert wird, muss dringend ein Zeichen gesetzt werden. Nicht nur für den Tierschutz und die Betroffenen, sondern vor allem auch für die zukünftige Rechtsprechung. VIER PFOTEN fordert die Politik dazu auf, endlich zu handeln und entsprechende Gesetze zu erlassen, damit solche Fälle gar nicht erst passieren können. Der Online-Handel mit Tieren muss endlich sicher werden. 

„Ich war bei der Razzia 2016 dabei. Die schockierenden Eindrücke sind mir noch immer präsent. Uns liegen Beweise vor, dass es sich bei dem Angeklagten Karl-Michael von F., seiner Familie und den Mittäterinnen und Mittätern um einen international organisierten Welpenhändlerring handelt. Es kann und darf nicht sein, dass nach all den Jahren und Hunderten von Strafanzeigen die Beteiligten nun mit milden Strafen davonkommen und das Gericht kurzen Prozess machen will. Das Urteil von Gabriele B. macht mich fassungslos. Illegaler Welpenhandel ist eine ernstzunehmende Straftat und sollte auch so verhandelt werden. Schließlich geht es hier um fühlende Wesen, die teilweise noch heute unter den Machenschaften der Angeklagten leiden müssen. Wäre hier im gleich großen Stil mit Drogen statt mit Welpen gehandelt worden, hätte so ein Urteil wie am ersten Verhandlungstag erst gar nicht zur Debatte gestanden. Ohne Rücksicht auf die Tiere oder die betroffenen Familien, die einen dieser Welpen gekauft haben, wurde sehr viel Geld verdient.“

Birgitt Thiesmann, Expertin für illegalen Welpenhandel bei VIER PFOTEN

Daniela Schneider, Kampagnenverantwortliche für Heimtiere bei VIER PFOTEN: „Der sogenannte Kreuztal-Fall führt uns einmal mehr vor Augen, dass endlich wirksame Gesetze für den sicheren Online-Handel mit Tieren geschaffen werden müssen – angefangen bei einer Verifizierungspflicht für alle Anbietenden, bis hin zu einer bundesweiten Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht der Tiere. Nur so kann verhindert werden, dass skrupellose Kriminelle, denen es nur um Profit geht, sich unbehelligt über Onlineplattformen bereichern können. Dieser Fall zeigt auch das Versagen des zuständigen Veterinäramtes auf, das hier jahrelang tatenlos zugeschaut hat. Jahre, in denen der Verkauf von viel zu jungen und kranken Lebewesen einfach weitergehen konnte. Ich appelliere an den Bundeslandwirtschaftsminister, diese Grausamkeiten mit wirksamen Gesetzen endlich zu stoppen.“ 

Birgitt Thiesmann und Daniela Schneider von VIER PFOTEN werden am Freitag, den 29. April 2022, vor Ort sein und für Interviews zur Verfügung stehen.

Hintergrundinformationen und Einordnungen 

Bei einer großen Razzia im Jahr 2016 wurden auf dem Gelände des Hauptangeklagten Karl-Michael von F. in Kreuztal 101 Hunde in katastrophalem Zustand vorgefunden und von den Behörden beschlagnahmt. Auch tote Hunde wurden dabei auf dem Grundstück entdeckt. VIER PFOTEN liegen Beweise vor, dass die Familie um Karl-Michael von F. über Jahrzehnte mit Welpen aus Osteuropa gehandelt hat. Der Verkauf fand maßgeblich über die Online-Plattformen Ebay Kleinanzeigen statt. Auch eine Tierärztin war in den kriminellen Handel verstrickt. Diese stellte nicht nur die Blanko-Impfpässe aus, sondern war auch als Mitinhaberin der sogenannten „Zucht“ verantwortlich. Außerdem wurden zum Schein verschiedene Vereine gegründet, um so gefälschte Ahnentafeln ausstellen zu können. Viele der Hunde waren krank oder sind gestorben. Meldungen und Beschwerden von VIER PFOTEN und Betroffenen wurden jahrelang seitens der Behörden und seitens Ebay Kleinanzeigen offenbar ignoriert. 

Rund sechs Jahre später wurde am 08. April 2022 das erste Urteil im „Schnellverfahren“ gefällt. Verhandelt wurde die Schuld der Händlerin Gabriele B., die in den Handel verstrickt war. Sie kaufte die oftmals schon kranken und zu jungen Welpen von zwei der Angeklagten und verkaufte die Tiere unter falschen Angaben mit immensem Gewinn an ahnungslose Betroffene weiter. Die Strafe für ihr skrupelloses und betrügerisches Handeln: eine Geldstrafe von gerade einmal 1.300 Euro. Das Urteil ist ein Schlag ins Gesicht für den Tierschutz, die Betroffenen und das unermessliche Leid der Hunde. 

Weitere Informationen zum illegalen Welpenhandel finden Sie hier.

Corinna Madjitov

Pressesprecherin Heimtiere

presse-d@vier-pfoten.org

VIER PFOTEN – Stiftung für Tierschutz
Lübecker Straße 128, 22087 Hamburg

VIER PFOTEN ist die weltweite Tierschutzorganisation für Tiere unter direktem menschlichem Einfluss, die Leiden aufdeckt, Tiere in Not rettet und sie schützt. Gegründet 1988 in Wien von Heli Dungler und Freunden, setzt sich die Organisation für eine Welt ein, in der Menschen Tieren mit Respekt, Empathie und Verständnis begegnen. Die nachhaltigen Kampagnen und Projekte von VIER PFOTEN konzentrieren sich auf Haustiere wie streunende Hunde und Katzen, Nutztiere und Wildtiere - wie Bären, Großkatzen und Orang-Utans - in unangemessener Haltung sowie in Katastrophen- und Konfliktgebieten. Mit Büros in Australien, Österreich, Belgien, Bulgarien, Frankreich, Deutschland, Kosovo, den Niederlanden, der Schweiz, Südafrika, Thailand, der Ukraine, Großbritannien, den USA und Vietnam sowie Auffangstationen für gerettete Tiere in elf Ländern bietet VIER PFOTEN schnelle Hilfe und langfristige Lösungen. 

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