Online-Abzocke: Kriminelle betrügen Berliner Politiker in großem Stil

Berlin - Mitglieder des Berliner Abgeordnetenhauses sind in massivem Umfang Opfer von Internetkriminalität geworden. Im Namen von Politikern wurden alleine im vorigen Jahr mehr als 500 Einzelbestellungen bei Online-Versandhäusern getätigt.

Die Anschriften der Abgeordneten wurden dabei für die Rechnung missbraucht, die Ware wurde jedoch an andere Adressen geliefert. Wie es aus der SPD-Fraktion hieß, sind alleine bei den Sozialdemokraten mehr als 20 Politiker betroffen, darunter auch Senatsmitglieder. Auch in den anderen Fraktionen gibt es zahlreiche Fälle, jede Woche kommen neue hinzu.

Am Mittwoch befragte der Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses zu dem Thema Vertreter des Otto-Konzerns und der Bonitäts-Auskunftei Schufa. „Wir haben die Sache für uns inzwischen im Griff und wissen wie wir uns wehren“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Torsten Schneider, zu Beginn der Sitzung. „Aber wir gehen davon aus, dass die Mehrzahl der Verbraucher das nicht weiß.“

Schneider schilderte seine Schwierigkeiten, eine unberechtigte Forderung abzuwehren. „Alleine die Einschreiben mit Rückschein haben mich mehr als 200 Euro gekostet“, sagte er. Mehrere Inkassounternehmen hätten ihn bedrängt, die Korrespondenz zu der Forderung von rund 350 Euro umfasse einen ganzen Aktenordner. Tragen müsse er diese Kosten selbst. „Die Abwehr unberechtigter Forderungen gilt als Lebensrisiko. Das werden wir ändern.“

Harsche Kritik an der Schufa

Die CDU-Abgeordnete Cornelia Seibeld richtete harsche Kritik an die Auskunftei Schufa. Ich habe weder als Verbraucherin, noch als Anwältin eine Institution erlebt, die so konsequent jede Kontaktaufnahme und Information verweigert.“ Auch sie warnte die Vertreter der Unternehmen vor Schadenersatzforderungen.

Als die ersten Fälle im September während des Berlin-Wahlkampfs bekannt wurden, vermutete man zunächst gezielte Angriffe auf Politiker. Doch sie werden offenbar besonders häufig Opfer, weil ihre Daten leicht zu recherchieren sind. Sowohl ihre Büroadressen – in einigen Fällen auch die der Privatwohnung  -  als auch die Geburtsdaten werden veröffentlicht. Die Abgeordneten erhielten teilweise keine Mahnschreiben, da diese häufig an Fake-Mailadressen zugestellt werden. Einige bemerkten den Betrug auch erst, als sie eine Schufa-Auskunft anforderten und feststellten, dass es Forderungen gegen sie gab. Sie hatten dadurch beispielsweise Schwierigkeiten, Handyverträge abzuschließen oder Büros anzumieten.

Kritik an den Online-Versandhändlern

Die massive Häufung der Fälle deute auf bandenmäßiges Vorgehen hin, sagte Schneider. Allerdings gibt es auch Kritik an den Online-Versandhändlern, die weiterhin Ware auf Rechnung liefern und nicht ausreichende Vorkehrungen gegen Identitätsdiebstahl treffen.

Ein Vertreter der Otto-Gruppe rechtfertigte diese Praxis. Fast 90 Prozent der Kunden bestellten auf Rechnung. „Das hat den Vorteil, dass sie nur die Ware bezahlen, die sie nicht zurücksenden.“ Das Unternehmen unternehme viel gegen Betrug.

Auch die Vertreterin der Schufa versicherte, die Bekämpfung von Identitätsbetrug habe bei der Schufa hohe Priorität. „Wir klären mehr als 90 Prozent der Fälle auf.“ Ein absoluter Schutz sei aber nicht möglich.